Hintergrundwissen „Weiterbildung für Alle“ einkaufen
- Anspruch:
- Aufwand:
- Zielgruppe: Einkauf
Sie planen eine Weiterbildung für Ihre Mitarbeiter*innen? Sie wollen eine neue Software beschaffen und direkt Schulungen vom Hersteller mit einkaufen?
Erfahren Sie im Folgenden worauf Sie bei den einzelnen Schritten achten müssen, damit die Weiterbildung allen Mitarbeiter*innen barrierefrei zur Verfügung steht:
Verschaffen Sie sich zunächst einen Überblick über die Anforderungen der Mitarbeiter*innen, die voraussichtlich an der Weiterbildung teilnehmen werden oder potentiell teilnehmen könnten. Gibt es Menschen mit Schwerbehinderungen im Unternehmen oder der Behörde? Die Anforderungen dieser Mitarbeiter*innen sollten auf jeden Fall berücksichtigt werden. Vielleicht haben diese Mitarbeiter*innen bereits gute und schlechte Erfahrungen mit Weiterbildungsangeboten gemacht, die bei der zukünftigen Planung helfen können.
In größeren Unternehmen oder Behörden gibt es vielleicht eine Schwerbehindertenvertretung. Die Ansprechpersonen dort können möglicherweise bei der Planung der Weiterbildung beraten.
Neben diesen konkreten Anforderungen ist es jedoch auch sinnvoll Barrierefreiheit allgemein, also für Menschen mit unterschiedlichen Behinderungen zu berücksichtigen. Dies kommt beispielsweise auch älteren Mitarbeiter*innen zugute, die möglicherweise leichte Einschränkungen beim Sehen und Hören haben können. Werden die Schulungen zukünftig wiederholt angeboten oder die Schulungsmaterialien mit anderen Mitarbeiter*innen geteilt, wird dadurch niemand von der Nutzung ausgeschlossen. Auch neuen Mitarbeiter*innen mit Behinderungen könnten die Schulungsunterlagen damit zukünftig zur Einarbeitung dienen.
Ist Ihr Unternehmen beziehungsweise Ihre Behörde eventuell auch rechtlich zu digitaler Barrierefreiheit verpflichtet? Fallen Sie in den Geltungsbereich der Barrierefreien-Informationstechnik-Verordnungen von Bund oder Ländern? Gibt es eine Verpflichtung aufgrund des Barrierefreiheitsstärkungsgesetzes, das einzelne Branchen und auch Anbieter von Online-Shops betrifft?
Versuchen Sie bereits bei Ihren Recherchen über potenzielle Anbieter der gesuchten Weiterbildung auf das Thema Barrierefreiheit zu achten. Hat der Anbieter eine Selbsterklärung zur Barrierefreiheit auf seinen Webseiten? Dies kann dabei helfen einzuschätzen, ob der jeweilige Weiterbildungsanbieter sich schon mit dem Thema beschäftigt hat.
Wenn Sie eine offizielle Ausschreibung planen, um vielleicht auch eine größere Anzahl an Schulungen einzukaufen, nehmen Sie Barrierefreiheit als verbindliches Kriterium unter Bezugnahme auf die entsprechenden Standards mit auf. Die Anbieter sollten optimalerweise auch entsprechende Referenzen nachweisen.
Für die Weiterbildung, die Ihre Mitarbeiter*innen benötigen, gibt es keine Auswahlmöglichkeit? Sprechen Sie dieses Unternehmen aktiv auf das Thema Barrierefreiheit an. Weisen Sie daraufhin, dass es Ihnen wichtig ist, dass alle Mitarbeiter*innen unabhängig davon, ob sie eine Schwerbehinderung haben oder nicht, an der Schulung teilnehmen und auf die digitalen Inhalte zugreifen können. Verweisen Sie auch hier auf die international anerkannten Standards für digitale Barrierefreiheit.
Fordern Sie die digitale Barrierefreiheit im Zusammenhang mit der Weiterbildung aktiv ein. Prüfen Sie auf welche Standards, Gesetze und Verordnungen Sie sich für Ihr Unternehmen beziehungsweise Ihre Behörde am besten beziehen sollten.
Auch wenn für Ihr Unternehmen keine direkte rechtliche Verpflichtung besteht, können Sie auf die Standards Bezug nehmen. Barrierefreiheit nur allgemein zu erwähnen, führt dazu, dass die an der Vergabe beteiligten Personen später möglicherweise unterschiedliche Auffassungen von Barrierefreiheit vertreten. Dies ist dann rechtlich nicht verbindlich und kann bei der Beurteilung der abgegebenen Angebote nicht verwendet werden.
Regelungen
Speziell mit der Beschaffung von barrierefreien IT-Produkten beschäftigten sich:
- In deutscher Sprache der Standard DIN EN 301 549 mit dem Titel „Barrierefreiheitsanforderungen für IKT-Produkte und -Dienstleistungen“.
- In englischer Sprache der frei verfügbaren Text der europäischen Norm . „Accessibility requirements for ICT products and services“
Beispiele für weitere Standards und rechtliche Regelungen, die teilweise auch in der zuvor genannten DIN EN 301 549 enthalten sind:
- Die Barrierefreie Informationstechnik-Verordnung (BITV) des Bundes mit der die Anforderungen der in Deutschland umgesetzt werden europäischen Web-Richtlinie
- Die internationalen Richtlinien für barrierefreie Web-Inhalte 2.1, die sogenannten . Web Content Accessibility Guidelines (WCAG) 2.1
- Das Barrierefreiheitsstärkungsgesetz das Teile des in deutsches Recht umsetzt. European Accessibility Acts
Eingrenzung der Kriterien
Wenn Sie für die von Ihnen benötigte (Online-)Schulung die Kriterien für Barrierefreiheit eingrenzen möchten, können Sie das auf Basis der DIN EN 301 549, dem europaweit gültigen Standard für die Vergabe und Beschaffung barrierefreier Informationstechnik, vornehmen.
Beispielsweise sind für eine Präsenzschulung, bei der lediglich schriftliche Lernmaterialien im PDF-Format eingesetzt werden, weniger Kriterien relevant als für eine Online-Schulung. Bei letzterer wird beispielsweise Software, in Form eines Video-Konferenztools eingesetzt oder es werden Lernvideos unterstützend eingesetzt. Die DIN EN 301 549 enthält unter anderem für Web, Software, Hardware und auch für multimediale Inhalte entsprechende Anforderungen.
Anforderungen an die Barrierefreiheit sollten bereits in der Ausschreibung als verbindliches Vergabekriterium einen so hohen Stellenwert erhalten, dass ein Ausschluss eines Angebots, das diese Anforderungen nicht berücksichtigt hat, möglich ist.
Hilfreich bei der Einschätzung der Angebote sind Referenzen, die eine Einschätzung erlauben, ob seitens der Anbieter erst noch eine Einarbeitung in das Thema stattfinden muss oder ob bereits Erfahrungen mit dem komplexen Themenbereich der digitalen Barrierefreiheit vorhanden sind.
Insbesondere Behörden finden allgemeine weiterführende Informationen zur Beschaffung von IT-Produkten in dem Vergabe-Leitfaden des abgeschlossenen Projekts „BIT inklusiv“ der Blinden- und Sehbehindertenverbände. Die Informationen beziehen sich allerdings nicht speziell auf digitale Weiterbildungsangebote.
Holen Sie im Anschluss an die durchgeführte Weiterbildungsmaßnahme das Feedback der Teilnehmer*innen ein. Versuchen Sie bei einer über einen längeren Zeitraum geplanten Maßnahme die zuvor in der Ausschreibung geforderte beziehungsweise in dem Angebot versprochene Barrierefreiheit der digitalen Angebote sicherzustellen. Geben Sie dem Weiterbildungsanbieter frühzeitig eine Rückmeldung, falls für die Teilnehmer*innen digitale Barrieren einer erfolgreichen Teilnahme im Wege stehen.